Bericht über die SPD Obermenzing Mitgliederversammlung

05. Mai 2019

Diskussionsveranstaltung mit Seeheimer Bayern und ihrer Schrift: SPD Bayern: erneuern, jetzt!
und aus dem Juso-Vorstand Lena Odell mit: redvision, Unser München der Zukunft.
Von den Seeheimer Bayern gekommen waren Fabian Winter, Robert Hagen aus Rosenheim und Achim Krüger. Verhindert waren die angekündigten Ludwig Hoegner und Georg Seidl Zur Einführung sprach Graciela Cammerer über die verschiedenen Bedeutungen von „Erneuerung“:

1.im Sinn von Veränderung, Revolution 2.im Sinn von Wiederholung, Restauration 3.als geistige Bewegung, Auswechseln von Strukturen, Werten

Bei der Vorstellung der Diskutanten wurden schon die Unterschiede der Autoren von redvision und SPD Bayern: erneuern ,jetzt! sichtbar:

Bei den Jusos war es Lena Odell, eine junge Frau, Mutter von 2 kleinen Kindern, noch nicht lange SPD-Mitglied, im Juso-Vorstand, aktiv bei der Flüchtlingshilfe und bei den Seeheimer Bayern waren es 3 Akademiker, Naturwissenschaftler, lange SPD-Mitgliedschaften und als Neumitglied Achim Krüger. Alle engagiert im AK Europa und Internat. Politik.

Alle engagiert für eine pragmatische , soziale und demokratische Politik. Graciela de Cammerer sorgte dafür, dass die Diskussion zwischen der SPD-Position aus Bayern und der Vision aus München geführt wird, weil es um die Erneuerung der einen SPD in Stadt und Land und Bund geht. Dafür sitzen jetzt alle an einem Tisch.

Mit „ Redvision : Unser München der Zukunft“ haben die Jusos sich auf die Kommunalwahl 2020 als Schicksalswahl eingestimmt. Nicht die Änderung von Strukturen und Personen, sondern zentrale Inhalte sind ihr Thema. Das Bild einer Zukunft soll wie ein Befreiungsschlag für München wirken: was wollen wir, dass wir in 20, 30 Jahren hier gut leben. Die Visionen entsprechen auch dem Thesenpapier der Münchner SPD. Das Programm will größer denken, das große Ganze im Auge behalten. Grundlegend ist die These, dass die Stadt nur funktioniert, wenn sich jeder Münchner sie sich leisten kann. Jedes Viertel müsse lebenswert sein, dabei seinen eigenen Charakter behalten. Überall soll es sozial gemischt sein, beim Wohnen, bei der Bildung (Gesamtschulen), bei der Kultur. Statt Stillstand muss Wachstum positiv und gestaltbar begriffen werden, mehr Gerechtigkeit und weniger Privatinteressen, Solidarität als Prinzip bei der Daseinsvorsorge, mehr Demokratie durch Beteiligung und Teilhabe aller, der Schüler, der Zugezogenen; Partizipation innerhalb der Arbeitswelt: städtische Betriebe als Vorbild. „Wir Jungen haben für die Zukunft die Vision eines solidarischen Miteinander für eine Stadt, die Ihr in 30 Jahren habt – wenn Ihr uns wählt.“ – so Lena Odell.

Robert Hagen von den Seeheimer Bayern stellte die Erneuerung der SPD i. S. von geistiger Bewegung vor, als Änderung von Strukturen, Inhalten und Personen. Nach einer schonungslosen Analyse der Bayern-SPD und ihrer Niederlagen werden konkrete Vorschläge für diese Erneuerung zur Diskussion gestellt werden. Das Diskussionsangebot wurde sowohl von den Jusos, also von Lena Odell, als auch von den Zuhörern und Zuhörerinnen immer wieder lebhaft und bereichernd genutzt. Mit prägnant dargebotenen Statistiken und Zahlen v.a. aus der letzten Landtagswahl wurde dargelegt, dass die Bayern-SPD keine Volkspartei mehr ist, nur noch von Wählern mit höherer Bildung und Mitarbeitern des öffentlichen Diensts gewählt werde. Während 60 % der Stimmen auf CSU/FW/AfD, also auf rechte ideologische Blöcke fielen, verblieben für den linken Block von SPD/G/L nur 30 %.
An dieser Stelle entstand eine Debatte, ob eine Steuerung der SPD nach links, wie redvision sie vorschlägt, gut sei. Dem Argument, dass der linke Block, also auch die SPD, nur Stimmenanteile von rechts dazugewinnen könne, mit vernünftigen sozaldemokratischen Inhalten, stimmten alle zu.
Die Ursachen für den seit 1982 festgestellten Abwärtstrend der Bayern-SPD, der auch in der SPD-regierten Kommune München bei der letzten Wahl mit 18 % Verlusten für die SPD festgestellt werden mußte, fanden die Seeheimer in fehlenden Inhalten , z.B. bei den Themen Migration, soziale Sicherheit , Digitalisierung, Diesel-Diskussion, Gerechtigkeit ohne Konkretisierung - es fehlte der Mut – Bedenkenträger wählt keiner
in Fehlern bei der Auswahl der Kandidaten, beim Personal, das Inhalte und Werte überzeugend vermitteln sollte und es fehlte an Kandidaten, die von den Wählern akzeptiert werden und beim fehlenden Optimismus der Partei, deren Erscheinungsbild in der Groko, fraglicher Regierungsfähigkeit, dem ewigen Streit um Hartz IV, der fehlenden Wirtschaftskompetenz. Aus dem Publikumg ergänzt wurde noch , dass die SPD in der Zeit zwischen den Wahlen nicht sichtbar sei, dass ihr der Mut fehle, die Erfolge und das Gelingen, das, was wir gut machen, zu kommunizieren. Die Botschaft aus den Niederlagen müsse für die SPD die Besinnung auf unseren Kern sein.

Oder eine Vision für die Zukunft mit sozialdemokratischen Inhalten, wie die Jusos es angehen. Anhand der in 7 Thesen gezeigten Seeheimer Erneuerungsvorschläge gab es zwischen Jusos und dem Publikum an verschiedenen Stellen Übereinstimmung aber auch explizite Unterschiede. Die Parteiarbeit solle lustvoller und zwischen allen Ebenen stattfinden, es solle der Wechsel vom Beruf in die Politik und wieder zurück erleichtert werden, junge Leute schneller in Verantwortung gebracht werden und Kandidaten so ausgewählt werden, dass sie beim Wähler ankommen, also beispielsweise vorher schon mindestens einen Wahlerfolg vorweisen können, die Möglichkeit , ob Spitzenkandidat oder Kandidaten-Team aufgestellt wird, sollte institutionalisiert werden. Wie Lena Odell anmerkte, funktioniert das bei den Jusos bereits. Kommunalpolitik dürfe aber kein Ehrenamt sein. Sonst kann z.B. eine Alleinerziehende nicht mitmachen. Der Ortsverein könnte der Ort sein, wo Personal und Inhalte besser in Übereinklang gebracht werden. Wenn es mehr inhaltliche Diskussionen gäbe. Verbessert werden müßte das Marketing, die Kampagnenfähigkeit, beispielsweise beim Thema Wohnen die Vermittlung des Zusammenhangs von Kapital und Bodenrecht, die Werbung neuer Mitglieder aus allen Bevölkerungsschichten und allen Berufen, die Ermöglichung von Quereinstiegen, um neues Personal zu gewinnen.

An der These: Wirtschaftliche Vernunft und Digitalisierung sichern Wohlstand und sozialen Aufstieg und an der Forderung nach mehr Wirtschaftskompetenz entzündete sich die Diskussion, wie Arbeit und Wirtschaft, Arbeit und Kapital in der Sozialdemokratie gewichtet werden. Denn Wohlstand komme nur aus den Märkten. Dagegen betonten die Jusos , die SPD ist die Partei der Arbeit, nicht der Kapitalerträge. Die SPD müsse vielmehr über die Kapitalerträge für sozialen Ausgleich sorgen, beispielsweise bei den Themen Rente oder Gesundheit. Mit wirtschaftlicher Vernunft, wie die Seeheimer ergänzten. Sie fordern die Rückkehr zu einer sozialen Marktwirtschaft, einer Bändigung des Raubtierkapitalismus durch demokratischen Sozialismus – mit einer in diesem Sinne linken Wirtschaftspolitik. Insgesamt bräuchte es mehr Mut, Erfahrung auf den verschiedensten Ebenen zu sammeln, Inhalte zu begründen und nach außen zu transportieren.
Einig waren sich bei der Verbesserung der SPD Jusos und Seeheimer, dass Kommunikation zwischen Jung und Alt weiterführt und dass die Stadtwerke als Beispiel für Arbeit ohne Profitorientierung für das Gemeinwohl ebenso wie Genossenschaften zum Kern der SPD Inhalte gehören, dass solches Wirtschaften erhalten und gefördert werden soll.

Laut den Seeheimern sollte die Erneuerung auch in einem neuen Godesberger Programm II ihren Ausdruck finden, einem Mutkonzept, das, anders als das Jammer-Hamburger Programm, die Lösung der Probleme enthält, wie sie durch Globalisierung, Digitalisierung, Künstliche Intelligenz jetzt da sind. Dieses Programm braucht Personal, das es umsetzt und Strukturen, die das ermöglichen.
Die Jusos werden ihre Visionen umsetzen in ein Programm Die Gesprächskultur bei dieser Diskussionsveranstaltung war getragen von Respekt und sehr erfreulich: es hatten sich Jusos und Seeheimer, Jung und Alt an einem Tisch zusammen- und auseinandergesetzt, die Kommune und das Land. Fundierte und teils leidenschaftliche Beiträge der Genossen und Genossinnen hatten eine lebendige, ermutigende Atmosphäre für eine erfolgreiche sozialdemokratische Politik geschaffen. Graciela de Cammerer bedankte sich bei allen für diese tolle Diskussion.

Bericht: Theodolite Hoffmann
Fotos: Rudolf Seebach

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